Alben & Lieder

Wiegenlied

1963, Text/Musik: Georg Kreisler

Schlafe, schlafe ein, mein Kind,
sieh: die schöne Nacht beginnt,
und die ganze Welt geht nun zur Ruh.
Alles in die Betten kroch.
Kaum sieht man die Sterne noch.
Schließ auch die Augen zu!
Und dreh dich brav mit dem Kopf zur Wand,
den zweiten Kopf gib in meine Hand.
Den dritten leg ich dann sacht
so, dass dein Geweih nicht sticht.
Auch verlier die Hoffnung nicht:
Dein treuer Vater wacht.

Halte deinen Schlaf recht fest,
träume, was sich träumen lässt,
so, als hätte niemand was gewusst.
Falte deine Wollfrisur.
Wickle deine Nabelschnur
ums Horn auf deiner Brust.
Ich binde dir deinen Zwischenraum,
dann liegt er ruhig und rührt sich kaum,
und leuchtet in einsamer Pracht.
Und dein kleiner Hasenlauf
hört sogar zu bluten auf.
Dein treuer Vater wacht.

Schlafe, schlafe lang und tief.
Halte deine Borsten schief,
dann kann man die Grübchen deutlich sehn.
Wenn du dich in Tränen tauchst
oder deinen Rauch verhauchst,
ein Kind: wie bist du schön!
Dann lächelst du mir das Herz entzwei,
und drückst mich heftig und schnaubst dabei,
und winselst hinaus in die Nacht,
so dass ich dich lang und still
immer wieder küssen will.
Dein treuer Vater wacht.